Sitzung: 03.08.2022 BUA/102/2022
Beschluss: Ungeändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 8, Nein: 0, Anwesend: 8, Persönlich beteiligt: 0
Der Bauherr beabsichtigt in Gersbach ein „Austragshaus“ (Altenteiler) zu errichten.
Die Grundstücksfläche liegt im Außenbereich. Für die Fläche ist ein „Mischgebiet“ im Flächennutzungsplan vorgesehen.
Die Prüfung ob die Voraussetzungen zur Errichtung eines „Altenteilers“ vorliegen obliegt dem Landratsamt bzw. dem Land- und Forstwirtschaftsamt.
Altenteiler
1Zum herkömmlichen Bild eines
landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebes gehört, dass mehrere
Generationen auf dem Hof leben, in gewissem Umfang im Betrieb mitarbeiten (oder
mitgearbeitet haben) und damit zur reibungslosen Fortführung des auf Dauer
angelegten Betriebes beitragen. 2Insofern „dient“ es auch dem
Betrieb, wenn für den früheren Hofinhaber – oder im Fall mehrerer Generationen
für die früheren Hofinhaber – ein entsprechender Austragswohnraum an der
Hofstelle eingerichtet wird. 3Es kommt darauf an, ob sich
generationenübergreifend der Bedarf abzeichnet, einen für die Dauer der
Existenz des Betriebes voraussehbaren, bei jeder zukünftigen Hofübernahme
wieder auftretenden Wohnraumbedarf zu decken; dies ist bei langjährig
bestehenden Betrieben mit bestehender Betriebsleiterwohnung regelmäßig der
Fall. 4Die Ausführungen in den Sätzen 1 bis 3 gelten entsprechend
bei langjährig bestehenden und auf Dauer angelegten Nebenerwerbslandwirtschaften.
5Bei der Neuerrichtung von Nebenerwerbslandwirtschaften muss
allerdings die Konkretisierung dieses Bedarfs im Austragsfall durch einen
entsprechenden notariell beglaubigten Hofübergabevertrag eindeutig nachgewiesen
werden. 6Ist die Dauerhaftigkeit des neu errichteten Betriebs im
Hinblick auf die langfristige Wirtschaftlichkeit und die Wahrscheinlichkeit
einer Fortführung durch weitere Generationen zu bejahen, kann ein Bedarf im
vorgenannten Sinne – ausgerichtet auf die Wohnbedürfnisse des potentiellen
Hofnachfolgers – gegebenenfalls auch schon vor der eigentumsrechtlichen
Hofübergabe zu bejahen sein. 7Dies gilt insbesondere, wenn der
künftige – fachlich bereits entsprechend qualifizierte – Hofnachfolger die
Betriebsführung Schritt für Schritt übernimmt oder in erheblichem Umfang im
Betrieb mitarbeitet. 8Es ist jedenfalls nicht sachgerecht, die
Genehmigung für ein Austragshaus für einen Nebenerwerbsbetrieb ausschließlich
mit der pauschalen Begründung abzulehnen, die Nebenerwerbslandwirtschaft
erfordere außer dem Nebenerwerbslandwirt keine weitere Arbeitskraft. 9Vielmehr
lässt die Anerkennung der Zulässigkeit eines Betriebsleiterhauses im Regelfall
bereits die Schlussfolgerung zu, dass auch ein Austragshaus – ausgerichtet auf
die Wohnbedürfnisse der früheren Hofinhaber – zulässig ist. 10Ist
ein Austragshaus zulässigerweise errichtet worden, ist eine vorübergehende
anderweitige Nutzung nicht ausgeschlossen, zum Beispiel als Ferienwohnung oder
als Wohnung für andere Familienmitglieder. 11Dies gilt auch für den
Fall, dass das Austragshaus – siehe oben – den Wohnbedarf von mehreren
Generationen früherer Hofinhaber berücksichtigt. 12Es muss aber
rechtlich sichergestellt sein, dass das Austragshaus – auch wenn vorübergehend
kein „Austragswohnbedarf“ besteht – langfristig dem Betrieb zugeordnet bleibt. 13Daher
ist zugunsten des Trägers der Bauaufsichtsbehörde eine beschränkte persönliche
Dienstbarkeit zu bestellen, die der Behörde ein Mitspracherecht bei der Nutzung
des Gebäudes einräumt. 14Werden Austragshäuser oder
Austragswohnungen von dem fortbestehenden landwirtschaftlichen Betrieb
losgelöst (zum Beispiel durch eine nunmehr nicht mehr genehmigungspflichtige
Grundstücksteilung oder durch Verselbstständigung nach dem Wohnungseigentumsgesetz),
besteht kein Anspruch mehr auf eine neue (zweite) Austragswohneinheit.
Das Gremium legt fest, dass bei Vorlage der Voraussetzungen eines „Altenteilers“ (Prüfung durch das Landratsamt, Landwirtschaftsamt etc.) dem Vorhaben zugestimmt werden kann.
Beschluss:
Der Bau- und Umweltausschuss stimmt der Voranfrage zur Errichtung eines „Altenteilers“ in Gersbach zu.